Essen und Psyche

Was fressen wir in uns hinein, wonach verzehren wir uns, was schlägt uns auf den Magen, wonach hungert und dürstet es uns, was haben wir satt? Hier geht's um Ess-Störungen.
Ruby
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Essen und Psyche

Beitrag von Ruby »

Hallo Zusammen,

es wird ja oftmals / immer wieder darauf hingewiesen, dass starkes Übergewicht und viel/unkontrolliertes Essen eben doch i.d.R. psychische Ursachen hat und dass man diese hintefragen sollte etc.
Und natürlich bin ich auch der Meinung, dass es Frust- und Langeweile-Essen gibt.

Aber:
Muss man immer irgendwelche psychischen Probleme mutmaßen ? Kann es nicht auch einfach sein, dass man unheimlich gerne isst ?
Dass man einfach auch einen ungesunden Geschmack hat ?! Und man leider deswegen schon immer automatisch zu den kalorienreichen Produkten greift ?

Bei mir ist es bspw. leider so, dass mir ausgerechnet die ungesunden Sachen sehr gut schmecken...
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Dicke Masche
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Re: Essen und Psyche

Beitrag von Dicke Masche »

Nein, nicht immer.

Wenn jemand ständig zu viel, zu fett, zu süß isst, einfach weil er das gern mag, dann muss das nicht zwangsläufig psychische Ursachen haben.
Wenn aber sich jemand normalerweise vernünftig ernährt und deftiges und süßes Essen moderat und bewusst genießt, aber in manchen Situationen in Heisshungerattacken fällt, dann ist es meistens seelischer Natur.
Liebe Grüße von der Dicken Masche

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Daisy Colordott
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Re: Essen und Psyche

Beitrag von Daisy Colordott »

Naja.
Ich bin der Meinung, dass, was du sagst, für mollige durchaus zutreffen kann. Sie haben wohl auch keine oder nur milde Schäden von den überflüssigen Pfunden.

Ich bin der Meinung, starkes Übergewicht, wie übermäßiger Zigaretten- oder Alkoholkonsum befriedigt etwas. Die Sucht - heißt ja auch dass man nach etwas wie Glück oder Entspannung, Ruhe, Unterhaltung sucht, weil man sie nicht hat. Gleichzeitig kann starkes Übergewicht physische Probleme hervorrufen.
Also man tut sich selbst nicht nur nichts Gutes, sondern fügt sich Schaden zu.
Gesund ist meiner Meinung nach anders. Eine Raucherlunge, Alkoholikerleber oder Herkreislaufprobleme als Folge von übermäßigen Nikotin-, Alkoholkonsum oder einem ungesunden Ernährungsstil kann ja nicht das Ziel sein.

Ich glaube aber nicht, dass man nur durch Psychoanalyse hinkommt oder dass Menschen, die einen BMI im Rahmen haben keine pathologischen Angewohnheiten hätten. Die sind vielleicht weniger sichtbar.

Die Frage wäre halt an der Stelle: Wieso schmeckt einem sehr stark Übergewichtigen das übermäßige Essen oder das ungesunde so gut und wieso reicht eine „normale“ Portion nicht aus? Kann der auch ohne zu viel? Oder ist das wie bei Alkoholikern, denen es „einfach schmeckt“.
Liebe Grüße
Daisy Colordott

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medha
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Re: Essen und Psyche

Beitrag von medha »

Da gehen viele Ursachen zusammen. Wenn eine Vorliebe für süß und fettig mit Essen aus psychischen Gründen zusammentrifft, dann wird es noch mal schwieriger abzunehmen. Aber es ist möglich. Es gibt Strategien um das Verhalten zu ändern, Schritt für Schritt und man kann auch das höherkalorische Essen mit Aktivität ausgleichen. Ausserdem kann ich bei mir beobachten, dass sich die Vorlieben auch etwas ändern, bzw. die Wahrnehmung wie süß oder wie fettig etwas ist, kann sich verschieben. Aber letztendlich ist es mit dieser Präferenz schon schwieriger ein niedriges Gewicht zu erreichen und zu halten.
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Ruby
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Re: Essen und Psyche

Beitrag von Ruby »

Danke für Eure Antworten...
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Yvonne50
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Re: Essen und Psyche

Beitrag von Yvonne50 »

Ich möchte hier auch mal gerne was schreiben.....ich habe als Kind schon immer gerne süße gegessen....ich dachte immer, weil es verboten war oder so Aussagen von meiner Mutter kamen " wenn du Schokolade willst, mach dir ein Marmeladenbrot und denke, dass ist Schokolade" .....mittlerweile denke ich hat es andere Ursachen....mir damit das Leben zu versüßen.....ich konnte mich eigentlich immer gut beherrschen, was Süßigkeiten betraf.....ich hab mal gegessen und dann ewig wieder nichts.....aber als ich vor ca 8 Jahren körperlich ziemlich am Ende war....u.a. psychosomatische Schmerzen und ich in Therapie bzw Kliniken ging....kamen alte, gut vergrabene Themen wieder zum Vorschein......und ich begann es in Süßigkeiten zu kompensieren....die damalige Therapeutin, gab mir dann auch noch gefühlt die Erlaubnis, weil so Süßigkeiten das wenigere Übel wäre....naja dann wurden die Schmerzen, Erschöpfung, Panikattacken und Depressionen immer mehr, dann bekam ich Medis, ich kam in den Wechsel und bewegte mich nur noch 1/4 von zuvor.....ich habe einige Aufenthalte hinter mir und bei einem hab ich dann die Gummibärchen Packung aufbewahrt und immer wenn ich mir welche kaufen wollte, spürte ich hin....was für ein Gefühl gerade da war, und es waren die unterschiedlichsten von Geborgenheit über Freiheit bis Belohnung ... und habe alle Gefühle auf die Packung geschrieben....dass half mir erstmal das überhaupt zu verstehen....da es für mich schwer auszuhalten ist, wenig Energie zu haben....verlangt mein Körper nach schnellem Energieschub.....meine Psychiaterin meinte auch, dass die Medis Heißhunger machen und ich fast nicht dagegen ankomme.....
Naja....jetzt nehm ich nur noch minimal Medikamente....bin nun in einem privaten Umfeld, wo es mir sehr gut geht und die Gruppe....all das hilft mir gerade, dass ich so gut wie keinen Heißhunger mehr habe und es fühlt sich sooo gut an.....
Ich wünsche mir das es so bleibt und ich hin und wieder was essen kann ....eins weiß ich sicher, zuhause darf nichts sein oder nur ein kleines Päckchen
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OHvalen
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Re: Essen und Psyche

Beitrag von OHvalen »

Daisy Colordott hat geschrieben: Di 15. Dez 2020, 22:41
Die Frage wäre halt an der Stelle: Wieso schmeckt einem sehr stark Übergewichtigen das übermäßige Essen oder das ungesunde so gut und wieso reicht eine „normale“ Portion nicht aus? Kann der auch ohne zu viel? Oder ist das wie bei Alkoholikern, denen es „einfach schmeckt“.

Ich glaube nicht, dass es einem Alkoholiker schmeckt. Der will zuerst lustige Gefühle haben, lässig sein. (Wie ein neuer Raucher, der meint, Kippe ist cool.) Dann irgendwann macht er sich abhängig und kann ohne das Zeug nicht mehr funktionieren und ist dabei klar im Schädel wie ein Nüchterner. Ein Entzug tut offenbar sehr weh, das will er auch nicht. Also geht sein Leben aus dem Leim. Wie bei diesen röchelhustenden, eklig stinkenden Rauchern, die meinen, man riecht es nicht, wenn die maskiert in Fahrstühle steigen. Es ist nur Befriedigung einer Sucht.

Beim Essen gibt es in der Tat genetische Dispositionen, ob und wieviel jemand Süßes und Fettiges "braucht", nein, will. Es gab sogar eine TV Doku darüber, ich weiß nicht mehr, ob es Visite, Dr. Wimmer oder Quarks war.
Manchen Menschen sind Süßigkeiten egal, die sitzen eher in der Glutamatfalle (appetitanregend, in Chips, Pommes Frites und Co.). Andere mögen beides.

Gerne essen. Das tut doch jeder. Nur muss man auch absichtlich Maß halten. Nach dem Sport zu futtern - legitim. Körperlich schwere Arbeit: richtig. Einfach so: problematisch. Jeder Mensch kann abnehmen. Er muss es aber auch wirklich wollen. Manche Gene, Medikamente, Lebensumstände erschweren es, aber letztendlich will man doch nicht vorzeitig ableben, weil alle Organe, Gelenke kaputtgehen. Niemand sagt, dass es leicht ist.
Und wir sind keine Maschinen, es geht immer mal rauf und runter. Bei manchen dauert es Jahre, andere bekommen eine knallharte Diagnose. Wieder andere sehen nur die Magen - OP als Chance.

Ich habe auch schon immer gerne gegessen, mir schmeckt auch nahezu alles. Aber ich jetzt alt genug, um mehr Verantwortung für mich zu tragen. Dann lasse ich mal einen Tag das Essen sein und bleibe bei ein paar Salatblättern. Und freue mich auf den nächsten Tag.....
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Fruchtfliege
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Re: Essen und Psyche

Beitrag von Fruchtfliege »

Ich kenne die genauen Gründe für mein Essverhalten nicht. Aber ich habe jede Menge Baustellen im psychischen Bereich.

Nun habe ich 18 Jahre Therapie ohne Pause hinter mir, 10 Jahre davon waren Psychoanalyse und ich kann mein Essen immer noch nicht mit dem oft benannten Schutzpanzer in Verbindung bringen.

Ich halte es durchaus für möglich, dass es nichts mit der psychischen Erkrankung zu tun hat, denn ich bin kein Problem-Esser, sondern eher der Genießer. Dummerweise liebe ich salzige Sachen und Soßen.

Mein Rauchstopp vor 4 Jahren hat eine gewisse Lücke hinterlassen, die ich recht gerne mit Snacks gestopft habe und das ist auch immer noch problematisch. Aber da ich mir ja nur das kaufe, was eingeplant ist, passiert da erst mal nix mehr.

Also auf der anderen Seite frage ich mich, welches psychische Ding dahinter steckt, wenn wir zunehmen und es lange Zeit nicht schaffen, etwas dagegen zu tun.
Liebe Grüße
Fruchti

:greetings-wavingblue:


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medha
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Re: Essen und Psyche

Beitrag von medha »

Fruchtfliege hat geschrieben: Mi 23. Jun 2021, 19:11 ...
Ich halte es durchaus für möglich, dass es nichts mit der psychischen Erkrankung zu tun hat, denn ich bin kein Problem-Esser, sondern eher der Genießer. Dummerweise liebe ich salzige Sachen und Soßen.
....
Ja, da komme ich zu ähnlichen Ergebnissen. Das ganze Thema ist so unglaublich komplex. Aber ich bin mittlerweile halt auch "durchtherapiert" und kenne mich gut. Emotionales Essen ist bei mir eher Essen aus Langeweile und dazu kommt eben eine ausgeprägte Vorliebe für Süsses und Fettiges. Andererseits ist es schon so, dass Essen für mich schon ein zentraler Punkt der Bedürfnisbefriedigung ist, weil ich es so "gelernt" habe. Es gab für mich früher kaum anderes schönes in meinem Leben als Essen, vor allem Süsses und das hat sich doch schon sehr tief eingegraben.
Also auf der anderen Seite frage ich mich, welches psychische Ding dahinter steckt, wenn wir zunehmen und es lange Zeit nicht schaffen, etwas dagegen zu tun.
Verdrängung. Wenn ich mir die Augen zuhalte ist das Problem einfach nicht da :D Deswegen ist es so wichtig, sich regelmässig, mindestens 1x in der Woche zu wiegen. Bei mir ist das immer der Umkehrpunkt, wenn es wieder aus dem Ruder läuft. An dem Tag an dem ich dann endlich wieder auf die Waage gehe, kann ich es nicht mehr verleugnen oder ignorieren und ändere dann auch wieder mein Verhalten.
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Lilly90
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Re: Essen und Psyche

Beitrag von Lilly90 »

Fruchtfliege hat geschrieben: Mi 23. Jun 2021, 19:11
Ich halte es durchaus für möglich, dass es nichts mit der psychischen Erkrankung zu tun hat, denn ich bin kein Problem-Esser, sondern eher der Genießer. Dummerweise liebe ich salzige Sachen und Soßen.
Vielleicht siehst du das ganze mal von der anderen Seite, du kompensiert keine schlechten Gefühle wie z.B. Langeweile, Stress etc. mit dem Essen. Es kann sein, dass du dich eher mit dem Essen belohst und es als Entspannung sieht. Du tust dir damit etwas Gutes, weil es schmeckt und du das Essen genießt.
Das ist jetzt nur mal eine Idee von mir.


Ansonsten müssen wir vllt nochmal alle daran denken, dass das Essen ein Grundbedürfnis des Menschen ist. Wir brauchen Essen und Trinken zum Leben und zum Überleben. Früher mussten sich die Menschen für ihr Essen körperlich vieeel mehr anstrengen. Sie sind auf die Jagt gegangen oder haben schwer körperlich gearbeitet, um sich das Essen zu verdienen. Deshalb hatten die Leute auch keine Figurprobleme. Heute arbeiten nicht mehr alle Leute z.B im Handwerk, viele Leute arbeiten im Büro. Das heißt sie haben kaum Bewegung. Dazu kommen die ganzen industriellen Fertigprodukte mit viel mehr Fett, Kalorien, Zucker...Dann sind da noch Autos, Bus und Bahn. Also haben die Leute auch wenig Bewegung in der Freizeit und es gibt einfach an jeder Ecke einen Supermarkt oder eine Imbissbude/Restaurant. Alles zusammen währe zumindest eine Erklärung für "dicke" Menschen ohne psychische Probleme.
Unser Wohlstandsproblem.
Trotzdem denke ich da kommen viele Dinge zusammen und ich glaube sehr viele übergewichtige Menschen haben psychische Probleme. Nicht alle aber viele.
Man sieht nur mit dem Herzen gut.
Das Wesentliche ist für den Menschen unsichtbar.

~Der kleine Prinz~ :royalty-crown: :rose:

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